VIP-Interview

Pamela Reif: „Vertraut auf eure Fähigkeiten“

Lesedauer: 8 min

Pamela Reif hatte ein Einser-Abi – und widersetzte sich mit ihrem Karriereweg sämtlichen Erwartungen. Mit uns spricht Deutschlands erfolgreichste Fitness-Influencerin über den Druck bei der Berufswahl, ihre Community auf Instagram und verrät ihren Tipp für gute Noten.


Fitness-Influencerin Pamela Reif
Fitness-Influencerin Pamela Reif
Als Autorin ist Pamela Reif ebenfalls sehr erfolgreich. Die Fotos für ihr Kochbuch hat sie selbst geschossen.
© Pamela Reif
© Pamela Reif
Fitness-Influencerin Pamela Reif
Als Autorin ist Pamela Reif ebenfalls sehr erfolgreich. Die Fotos für ihr Kochbuch hat sie selbst geschossen.
Fitness-Influencerin Pamela Reif

Pamela, erinnerst du dich noch an dein erstes Instagram-Foto?
Ich glaube, das war ein Spiegel-Selfie – an meinen Bildern hat sich also bis heute nicht so viel verändert [lacht]. Ich war 16 und habe mir Instagram heruntergeladen, weil Facebook langsam „out“ wurde. Die Fotos waren eigentlich nur für meine Freunde bestimmt, aber nach und nach sind die Followerzahlen gestiegen. Durch den Instagram-Algorithmus landete mein Profil irgendwann auf der Explorer-Page und wurde Nutzern aus der ganzen Welt angezeigt: Auf einmal hatte ein Foto 12.000 Likes. Als ich 2014 mein Abi gemacht habe, hatte ich schon 500.000 Follower.

Geld hast du damit aber nicht verdient.
Nein, Influencer-Marketing gab’s da noch gar nicht. Meine Mitschüler wussten nur „Pam macht Instagram“ und meine Lehrer konnten damit überhaupt nichts anfangen. Ich habe zwar täglich gepostet, aber nur aus Spaß.

Wie wurde daraus dann ein Beruf?
Nach dem Abi wollte ich studieren, wusste aber nicht, was. Also habe ich ein halbes Jahr pausiert – das war eine Zeitspanne, die auch für meine Eltern in Ordnung war. Während dieser Pause kamen die ersten Anfragen, kleine Werbeaufträge für die typischen „Instagram-Produkte“ wie Teesorten oder Proteinpulver. Ich war total stolz, als ich mein erstes Geld verdient habe. Als immer mehr Kooperationspartner auf mich zukamen, habe ich gemerkt: Ich muss keinen Tee promoten, sondern kann mich positionieren und mit Marken zusammenarbeiten, die ich toll finde. Langsam entwickelte sich die Idee, die Sache professionell anzugehen. Also habe ich mich nach dem halben Jahr gegen ein Studium entschieden.

Was hat dein Umfeld dazu gesagt? Immerhin hast du einen Abischnitt von 1,0.
„Mit einem Einser-Abi muss man Medizin studieren.“ Diesen Satz habe ich so oft gehört, dass ich es mir sogar kurz überlegt habe. Aber das passt überhaupt nicht zu mir. Also habe ich versucht, mich von den Erwartungen anderer zu lösen und das zu tun, was mich glücklich macht. Dass ich irgendetwas verschwendet habe, denke ich nicht: Ich bin nicht hochbegabt und war auch in keinem Fach außergewöhnlich talentiert. Die 1,0 hat gezeigt, dass ich einen guten Rundumschlag an Talenten habe und in vielen Dingen erfolgreich sein kann: Eben, weil ich mich fokussieren und motivieren kann, hart an meinen Zielen zu arbeiten. Das gilt für die Schule ebenso wie für Instagram.  

Haben dich deine Eltern von Anfang an unterstützt?
Ja, dafür bin ich sehr dankbar. Wir haben ein tolles Verhältnis und ich habe sie immer miteinbezogen. Sie haben sich sogar selbst einen Account erstellt – nicht, um mich zu kontrollieren, sondern um zu verstehen, was ich da eigentlich mache. So haben sie gemerkt, dass ich nichts Verbotenes tue und nichts, wofür man sich schämen müsste. Auch heute sind sie eine riesige Unterstützung: Mama reist mit mir zu Shootings und Papa hilft bei der Buchhaltung.

Klingt nach einem tollen Familienzusammenhalt.
Absolut. Ich wohne auch wieder bei meinen Eltern. Meine Heimatstadt Karlsruhe ist nicht der Nabel der Welt und ich dachte kurzzeitig, dass mich das karrieremäßig einschränkt. Also bin ich nach Hamburg gezogen, aber schon nach einem Jahr zurückgekommen.

Woran lag’s?
Ich war viel auf Reisen und die Zeit in Deutschland wollte ich dann mit meiner Familie verbringen. Außerdem hatte ich in Hamburg keine Anlaufstelle, wie eine Uni, um neue Leute kennenzulernen. Deshalb war ich teilweise nur fünf Tage im Monat in meiner Wohnung, das war auf Dauer auch viel zu teuer. In Karlsruhe fühle ich mich wohl und habe meine Eltern gerne um mich. Sogar mein Bruder wohnt im gleichen Haus, nur zwei Stockwerke unter uns.

Leckeres Essen kochen, schöne Sportkleidung tragen und ab und zu ein Foto schießen: Sieht so der Alltag eines Fitness-Influencers aus?
Sport und Kochen sind meine Hobbys. Wenn ich also Trainingsvideos aufnehme oder mein Mittagessen poste, fühlt sich das nicht an wie Arbeit. Trotzdem ist es ein Full-Time-Job – und die meiste Zeit verbringe ich am Laptop. Dann beantworte ich Mails, plane Postings und stimme mich mit Kooperationspartnern ab. Viele Marken buchen mich wie eine kleine Agentur; ich stelle ihnen meine Ideen zu einem Produkt vor und gebe Insights, was meiner Zielgruppe gefällt. Auch Kooperationsverträge durchzusehen, nimmt viel Zeit in Anspruch.

Die Karriere

Pamela Reif

2019: Über 4 Millionen Instagram-Follower. Pamelas Kochbuch „You Deserve This" wird zum Spiegel-Bestseller.

2017 - 2018: Gemeinsam mit Partnern wie Hunkemöller und Puma designt Pamela eigene Modekollektionen.

2017: Pamelas Buch „Strong and Beautiful" erscheint.

2016: Pamela gewinnt den ersten Place-To-Be-Award für Influencer in der Kategorie „Fitness".

2015: Erste Kooperationsanfragen für kleine Werbeaufträge.

2015: 500.000 Insta-Follower und Abi mit 1,0.

2012: Pamela meldet sich auf Instagram an, um mit Freunden Bilder zu teilen.

Machst du alles selbst?
Komplexe Verträge bearbeite ich gemeinsam mit meinem Anwalt, aber das Meiste habe ich mir selbst beigebracht. Inzwischen habe ich auch ein gutes Gespür für die richtigen Partner. Meinen Instagram-Kanal betreue ich ebenfalls ganz allein, außer mir hat noch nie jemand den „Teilen-Button“ gedrückt. Außerdem nehme ich mir jeden Tag Zeit für meine Community, denn die Follower sind die Basis für meinen Job. Viele kochen zum Beispiel meine Rezepte nach oder stellen Fragen zum Training. Ihre Nachrichten zu beantworten und Fotos zu reposten, ist mein Dankeschön an sie. Das mache ich meist abends im Bett, bis mir die Augen zufallen.

Für viele Follower bist du ein Vorbild. Was willst du ihnen mitgeben?
Obwohl sich mein Profil vorwiegend um Fitness dreht, geht es mir nicht darum, dass jeder Sport macht oder sich genauso ernährt wie ich. Vielmehr will ich zeigen: Wahres Glück ist, seinen eigenen Weg zu gehen – auch wenn er nicht der Norm entspricht. Ich bin keine Autorin und habe einen Spiegel-Bestseller geschrieben. Ich habe kein Modedesign studiert, entwerfe aber eigene Kollektionen. Ich bin keine Visagistin und schminke mich für alle Shootings selbst. Ich habe kein Management studiert, organisiere aber erfolgreich mein eigenes Business. Mein Ratschlag: Vertraut auf eure Fähigkeiten und packt die Dinge einfach mal an.

Angenommen, du hättest schon in der Schule gewusst, dass du Instagram-Star wirst: Hättest du dich genauso für gute Noten angestrengt?
Ja, davon bin ich überzeugt. In der Schule habe ich gelernt, dass sich Ehrgeiz und Disziplin auszahlen – diese Eigenschaften brauche ich jetzt in meinem Job umso mehr. Außerdem mochte ich die Schule! In den Augen einiger Klassenkameraden war ich wahrscheinlich ein Streber [lacht].

Wieso Streber?
Mir war es wichtig, gut mit meinen Lehrern auszukommen. Diese „Anti-Haltung“, die viele Mitschüler ihnen gegenüber hatten, konnte ich nie nachvollziehen. Die meisten Lehrer wollen die Schüler unterstützen und sie bestmöglich zum Abi bringen. Deshalb sollte man ihnen mit Respekt begegnen und ihre Hilfe annehmen – dafür sind sie doch da. Außerdem, ein kleiner Tipp: Wer seine Lehrer versteht, weiß auch, wie ihre Klausuren aussehen.

Das musst du genauer erklären.
Jeder Lehrer hat eine eigene Art zu unterrichten. Wir hatten etwa einen Kunstlehrer, der nie strikt nach Buch gearbeitet hat, sondern immer viel selbst erzählt hat. Tafelaufschrieb oder Handout gab es nicht. Also habe ich irgendwann angefangen, mir im Unterricht Notizen zu seinen Geschichten zu machen. Vor der Klausur habe ich mir meinen Mitschrieb einfach nochmal durchgelesen – und hatte direkt alle wichtigen Infos zusammen. So hatte ich ohne viel Aufwand immer 13, 14 oder 15 Punkte.  

Vielen Dank für das Interview.

Ganz persönlich

Meine beste Klassenfahrt... war eine Reise nach New York. Das war super, weil man mal richtig weit weg von zuhause war und bei einer Gastfamilie gewohnt hat.

Mein Vorbild ist... meine Mama. Sie ist ein sehr selbstbestimmter Mensch und hat mir beigebracht, dass ich auf mich selbst vertrauen kann und dass meine Meinung immer wertvoll ist.  

Mich nervt... Arroganz, die auf Unwissen beruht: Wenn Menschen eigentlich keine Ahnung haben, anderen aber überheblich begegnen. Das finde ich unausstehlich.

An einem perfekten Sonntag... backe ich mit meiner Mama einen gesunden Kuchen, den wir dann auf einmal aufessen. Dann mache ich einen Mittagsschlaf und lege mich anschließend draußen in die Sonne. Kurz: Essen, schlafen, sonnen.

Ich würde gerne mal... nach Australien reisen. Dort wohnt mein Onkel mit einer großen Familie. Ich habe es noch nie geschafft, ihn zu besuchen.

Für meine Zukunft wünsche ich mir..., dass alles weiterhin so toll läuft wie bisher. Ich bin mir bewusst, dass man auf Instagram schnell „out“ sein kann. Aber ich vertraue auf meine Community und darauf, dass mich nicht alle auf einmal doof finden [lacht].

Die Autorin
Linda Kauer

Schon in der Schule gehörten Sprachen zu Lindas Lieblingsfächern. Auf ihr Studium in „Medien und Kommunikation“ folgte eine Anstellung als Redakteurin. In ihrer Freizeit liest sie gerne – sie hat aber auch noch ein Pferd, mit dem sie ausreitet.